Für heute hatten wir eine Bustour durch den Ring of Kerry und über die Dingle-Halbinsel gebucht. Wir sind also morgens um 10 Uhr zu dem Büro des Unternehmens gegangen, um dort auf unseren Bus zu warten. Alexander, ein Deutscher, den wir hier kennengelernt und mit dem wir gefrühstückt hatten, begleitete uns, weil er vorher die Info vom Hostel bekommen hatte, dass heute keine Touren unternommen würden, weil zu wenig Anmeldungen vorlagen. Er hoffte, bei unserem Unternehmen einen Platz zu bekommen, da wir ja auch gebucht hatten.
Falsch gedacht. Auch wir wurden abgewiesen, als wir nach unserem Bus fragten- unser bezahltes Geld würde zurücküberwiesen werden.
Na toll, dachten wir uns. War ja klar, dass uns das wieder passiert!
Da kam Alexander auf die rettende Idee: Ein Auto mieten und die Tour selbst machen! Erst beim Frühstück hatten wir uns darüber unterhalten- wir alle würden es gerne tun, doch wir sind zu jung und er hat keine nötige Kreditkarte.
Wir sind also zum Autoverleihservice gelaufen- welcher verschlossen war (natürlich). Nach einigen Anrufen versprach uns der Verleiher, in 30 Minuten da zu sein.
Alexander lud uns für die Wartezeit auf eine heiße Schokolade ein (mich auf zwei weil ich die erste zu 3/4 über den Tisch verteilte).
Schließlich war der Händler da und forderte einen Führerschein- kein Problem, schließlich ist Alexander über 21 und hat ihn seit Jahren... nur leider in Deutschland vergessen, was er mit Panik feststellte.
Neiiiiiin, Murphys Gesetz hatte wieder zugeschlagen! Der Händler fragte, ob nicht irgendjemand in Deutschland da rankommt und ihm den Faxen/als Email schicken könne...
Alexander hat also seine Freundin angerufen, die ist nach Hause gerast, hat ihm das per Whatsapp geschickt, Alexander dem Verleiher als Email geschickt und siehe da: nach einer weiteren Stunde saß ich (links!) auf dem Beifahrersitz eines schnuckligen Opel Corsas.
Und dann gings los! Nach kurzer Eingewöhnung hatte Alexander den Dreh mit dem Linksfahren raus und wir sind zu unserer ersten Station gefahren: der Gap of Dunloe. Es ist eine Art Kluft, die sich durch die raue Berglandschaft des National Parks zieht und dabei mehreren Seen und Flüssen Platz bietet. Der Sturm drückte wieder gegen uns und der Regen peitschte ins Gesicht- doch der Ausblick war atemberaubend! Schroffe Felsen, reißende Flüsse, natürliche Wasserfälle, knorrige Bäume und verwilderte Täler öffneten sich unserem Blick. Ich atmete die kalte Luft ein und fühlte mich wieder richtig in Irland!
Zurück ins Auto gekämpft und auf den engen Straßen entlangschleichend (Hügel, Kurven und Abhänge direkt neben der Straße, auf der keine zwei Wagen nebeneinanderpassen, ohne das eins auf eine Haltbucht ausweicht, können nicht schneller als 50 km/h befahren werden) weiter in Richtung Kinmare, unserem Ausgangspunkt für die Ring of Kerry Tour. 2 Stunden nach unserem Aufbruch in Killarney hatten wir den kleinen, süßen Ort mit zig bunten Fassaden erreicht und sind auf den "Ring of Beara" aufgefahren- eine "Rundfahrstraße" wie der Ring of Kerry, nur weniger bekannt und rauer/naturbelassener. Die Landschaft veränderte sich rasant. Die rauen Berge wichen noch schrofferen, vom Regen und Wind zerfressenen Hängen, die keiner Vegetation Raum zum Leben boten. Wir fuhren durch kleine, bunte Fischerorte, an Klippen und Höhlen vorbei, an Ruinen und Seen.
An einem Heritage Park machten sir kurz halt und besichtigten einen Stone Circle (Steinkreis) der seit 2000 Jahren dort steht und unter anderem zur Begehung des ursprünglichen Halloweens genutzt wurde, das am 5. Februar stattfand- wenn das kein Zeichen war!
Während unserer Tour stiegen wir immer wieder aus, fotografierten, atmeten durch, stemmten uns gegen den Wind und hatten echt Glück- denn irgendwann kam sogar die Sonne raus!
Das Radio aufgedreht, der Sonne entgegen, am Meer entlang- ich fühlte mich frei.
Dann entdeckten wir etwas, das uns ausflippen ließ: wie ein kleines Kind rannte ich den Klippen entgegen, die sich direkt an der Straße erstreckten. Meterhoch stürzte eine Steilwand in die raue See unter uns. Die Wellen schlugen mit unglaublicher Kraft tosend gegen die Felsen, das Wasser so türkis, als wären wir irgendwo am Mittelmeer.
Ich stand direkt am Rand der Klippen, lehnte mich gegen den Wind und schrie. Ich schrie alles heraus- den Wut, die Frustration, die Enttäuschung, die Angst der letzten Wochen und Monate.
Der Wind trug meinen Schrei davon und leerte meinen Kopf. Ich fühlte mich lebendig, frei, leer (auf diese gute "ich-denke-nicht-mehr-an-irgendwelche-Probleme"-Art)...gut.
Uns viel es allen dreien schwer, wieder ins Auto zu steigen-doch ich nahm dieses Gefühl mit mir mit.
Der Wind hatte alles weggepustet und das wollte ich mir nicht so schnell nehmen lassen.
Irgendwann wollte ich natürlich auch mal hinters Steuer- und heilige Scheiße (tut mir leid aber wer schon mal im Linksverkehr auf einer 2,5 m breiten Straße direkt am Abhang mit Gegenverkehr und Schafen, die den Weg blockieren, gefahren ist weiß wovon ich rede!) war das heftig. Es war komisch, aufregend, irgendwie beängstigend und total cool. Mit links zu schalten und die Breite des Autos nach links einschätzen zu können ist nicht so einfach- und trotzdem ist man nach 5 Minuten drin.
Bevor es richtig dunkel geworden ist, durfte Alexander wieder hinters Steuer-so lebensmüde bin ich dann doch nicht.
Wir sind im Stockdunkeln am Hostel angekommen und haben auf dem Weg einige Rehe und Hirsche am Wegesrand stehen sehen... Netterweise haben wir sie leben gelassen-es gab also kein Wildgulasch;)
Da wir das Auto für 24 h geliehen haben, stehen wir morgen früh um 5 Uhr auf und fahren um 6 Uhr los zum Ring of Kerry!
Mal sehen, ob diese Strecke den heutigen Tag toppen kann.
Lieben Gruß aus Irland
"Eine Reise ist wie ein Trunk aus der Quelle des Lebens"- Ich möchte einen großen Schluck aus dieser Quelle nehmen und suche sie nun auf der grünen Insel. Jeden, den es interessiert, möchte ich mitnehmen durch meine Höhen und Tiefen, meine Erlebnisse und Erfahrungen und euch ein Stück der Welt durch meine Augen sehen lassen.
Mittwoch, 5. Februar 2014
Einmal das Leben spüren-5.2.13
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.......... Schreien wenn man kann, es macht die Seele frei und man fühlt sich leicht, könnte schweben und die Welt umarmen............
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